Book-on-Demand, 211 Seiten, 16,50 €
Das im „Book-on-Demand“-Verfahren 2008 erschienene Buch von Andrea Leitold besticht durch ein schönes, freundliches Cover und ein gelungenes Layout, was bei „Book-on-Demand“-Büchern leider nicht oft der Fall ist. Besonders hervorheben möchte ich das vortreffliche Übungsverzeichnis im Anhang, das einen die Vorschläge der Autorin zu praktischen Übungen ganz einfach finden lässt.
Andrea Leitold ist seit 1998 Reiki-Lehrerin und seit 2003 in eigener Praxis als solche tätig. Vor der Selbstständigkeit war sie lange Jahre Erzieherin und Sozialarbeiterin in Angestelltentätigkeit. Die Autorin lehrt Usui-Reiki und die japanischen Reiki-Techniken. Leider ist weder im Buch noch auf ihrer Website zu finden, über welche Reiki-Linie bzw. Lehrer sie ausgebildet wurde. Was beim Durchlesen des Buches allerdings deutlich wird, ist, dass sie sich stark mit Reiki beschäftigt und einige tief gehende Erfahrungen damit gesammelt hat. Durchgängig ist das Buch von viel Liebe und Respekt gegenüber der Energie getragen. Auch wenn mir der ein oder andere Aspekt im Buch nicht so gut gefällt bzw. eine kritische Betrachtung wert ist, so ist doch diese positive Grundstimmung des Buches zunächst einmal deutlich hervorzuheben.
Insgesamt ist mein Eindruck, dass es sich bei dem Buch um eine Zusammenfassung von Kursunterlagen der verschiedenen Reiki-Grade handelt, wie Andrea Leitold sie lehrt. Ihre Reiki-Schüler dürften es wohl als solche auch schätzen. Darüber hinaus werden die gängigen Themen eines Reiki-Grundlagenbuches angesprochen. Besonders erwähnenswert ist dabei die Praxis der Autorin, Reiki ohne Symbole anzuwenden – auch wenn sie heutzutage nicht mehr die Einzige ist, die dies tut. So hat es in letzter Zeit in Teilen der Reiki-Gemeinschaft die ein oder andere neue Sichtweise gegeben, was die Symbole angeht. Von regelrechten Auswüchsen wie z. B. „Entweihungen“ oder „Herausnehmen der Reiki-Symbole“ war in diesem Zusammenhang auch zu hören, ebenso von Meinungen wie beispielsweise, die Symbole seien nicht mehr zeitgemäß oder sie würden Reiki in der Wirkung eher bremsen. Die Autorin hat da meiner Einschätzung nach einen sympathischeren Ansatz. Für sie war die Arbeit mit den Symbolen einfach nicht mehr stimmig, jedoch ist sie nicht gegen die Symbole, d. h. sie hat keine konträre Meinung zu deren Verwendung seitens anderer Reiki-Praktizierender.
Nach Andrea Leitold sei die Reiki-Arbeit ohne Symbole viel einfacher. Diesen Punkt sehe ich persönlich anders. Sie schreibt dazu, dass dabei einerseits die Absicht sehr wichtig sei, und andererseits die Konzentrationsfähigkeit – und gibt Übungen zur Hand, um diese zu stärken. Dazu ist jedoch zu sagen, dass es im Allgemeinen dennoch vielen äußerst schwer fallen dürfte, eine Absicht so klar und konzentriert abzuschicken, dass sie die größtmögliche Wirkung zeigt. Deshalb sind Praktizierenden des Usui-Systems die Symbole eben hervorragende und einfach anwendbare Hilfsmittel.
Die Vorstellung, dass eine starke Absicht und Konzentration für die Arbeit mit Energie Ausschlag gebend ist, kenne ich aus verschiedenen magischen Schulungen bzw. anderen spirituellen Praktiken. Jedoch ist festzustellen, dass es vielen Menschen oft sehr schwer fällt, sich ausreichend stark und dauerhaft zu konzentrieren, um die entsprechende Absicht auch wirksam rüberzubringen. In anderen Schulen ist meist eine lange Zeit der Übung und Meditation nötig, um dies in einem Maße hinzubekommen, wie es im Usui-Reiki mit Hilfe der Symbole eben recht einfach geht. Zudem, so muss ich sagen, frage ich mich bezüglich Reiki-Praktizierenden, die die Symbole weglassen oder sie ihrer Meinung nach nicht mehr benötigen, manchmal, wie lange sie sich wirklich mit dieser Thematik beschäftigt haben bzw. wie tief sie in diese eingetaucht sind.
Es überrascht, dass, obwohl die Autorin die Symbole nicht mehr verwendet, sie in ihrem Buch deren Namen ausschreibt – anstatt die dafür gängigen Abkürzungen bzw. Umschreibungen zu verwenden, in Respekt gegenüber jenen, die diese Namen nicht öffentlich publiziert sehen mögen. Dies finde ich etwas schade, weiß doch jeder Reiki 2-Praktizierende auch bei Verwendung von Umschreibungen oder Abkürzungen eindeutig, welches Symbol jeweils gemeint ist, so dass es gar nicht nötig ist, die Namen auszuschreiben.
Da ich mich stark für die „Japanischen Reiki-Techniken“ interessiere, war ich sehr gespannt auf das Kapitel über „Reiki-Segen/Reiju“. Der Reiki-Segen oder „Reiju“ beschreibt in der japanischen Reiki-Tradition u. a. eine Form der Einweihung. Was Andrea Leitold aber beschreibt, ist ihre eigene Kreation des Reiki-Segens. Abgeleitet wurde dieser von einer Deeksha-Energetisierung, die sie bekam. Während einer Channelsitzung wollte die Autorin wissen, ob Deeksha etwas für sie sei – und erhielt die Antwort, dass sie dies ja schon könne. Sie erkannte für sich, dass diese Art der Energetisierung auch durch Reiki möglich sei. Warum sie allerdings die Begriffe „Reiki-Segen“ und „Reiju“ verwendet, ist mir nicht klar, da sie letztlich ihre eigene Version eines Segens entwickelt hat. Der Reiki-Segen – auch „Reiki-Blessing“ genannt – wird u. a. von Wanja Twan gegeben, und „Reiju“ ist als eine Technik in den japanischen Reiki-Formen vertreten. Da sich die Autorin auf keine dieser Traditionen bezieht, wäre es stimmiger, wenn sie ihrer Entwicklung auch einen eigenen Namen gäbe.
Andrea Leitold ist im Usui-Reiki ausgebildet. Zur Anwendung und Lehre von Usui-Reiki gehören auch die Symbole. Da sie die Symbole weglässt, damit u. a. die Einweihungsrituale verändert und auch ihren eigenen Reiki-Segen entwickelt hat, stellt sich die Frage, ob sie dadurch nicht bereits ihren eigenen Reiki-Stil gestaltet hat – gehen diese Veränderungen ihrem Wesen nach doch weit über das hinaus, was ein Reiki-Lehrer aufgrund seiner persönlichen Erfahrungen an kleineren Veränderungen in seine Lehre des Usui-Reiki mit einfließen lassen kann, ohne damit gleich einen neuen Stil zu begründen.
Alles in allem jedoch handelt es sich bei „Ganz einfach: Reiki“ von Andrea Leitold, so viel ist festzuhalten, um ein interessantes Buch für Reiki-Praktiker. Ihre Art des Schreibens gefällt mir persönlich sehr gut, und einige ihrer Übungen geben schöne Anregungen für die eigene Reiki-Praxis. Vor allem ihre Art der Mentalbehandlung sowie die Technik des Mental-Reiki für Organe ist sehr interessant.
Alle Übungen im Buch sind gut, klar und nachvollziehbar wiedergegeben. Ideen, die auf andere Autoren zurückgehen, macht sie durch Zitate kenntlich, und auch Stellen, in denen sie ihre eigene Meinung vertritt oder Informationen ihrer Lehrerin weitergibt, sind gut herauszulesen. Diese Transparenz, was Quellen und Erfahrungen angeht, gefällt mir sehr.
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