Wege der Ganzwerdung

Eckart Warnecke: Reiki – Der zweite Grad

Reiki - Der zweite GradPeter Erd Verlag, München, 1996, DM 24,80, SFr. ca. 23,-, ÖS ca. 181
Erstveröffentlichung im Reiki Magazin 2/97 

Der zweite Reiki-Grad steht im Mittelpunkt eines Buches von Eckart Warnecke. Der Reiki-Meister, Psychotherapeut und Mentaltrainer geht darin auf die Grundlagen und Techniken und das Anwendungsspektrum von Reiki II ein. Warnecke behandelt unter anderem die Bereiche Fernreiki, Mental-Heilung, Auflösung innerer Blockaden, Behandlung schwerer Krankheiten sowie die Reinigung von Räumen und gibt Tips zur Reiki-II-Anwendung bei sich selbst, anderen und in Gruppen.

Optimistisch stimmt der Ansatz "Heilung entsteht nur aus dem, was den Patienten über sich selbst und über seine Verwicklung mit dem Ich hinausführt" (C. G. Jung). Positiv wirken auch die Ermutigungen der Reiki-Schüler zur kontinuierlichen Reiki-Praxis, "denn keine Bemühung wird verlorengehen".

Laut Klappentext bietet das Buch "eine ideale Synthese verschiedener Methoden". Einerseits ist dies von Vorteil, findet der Schüler doch eine Fülle von Anregungen für die Arbeit mit dem zweiten Grad. Andererseits besteht die Gefahr der Verwirrung. Da Eckart Warnecke bewußt das Wissen vieler Reiki-Meister und Reiki-Richtungen zum zweiten Grad gesammelt und eingearbeitet hat, stellt sich dem Reiki-II-Praktizierenden und Leser des Buches die Frage nach dem "richtigen" Reiki II. Denn Unterschiede oder Lücken zwischen dem Buch und dem in einem Reiki-II-Seminar bei einem einzigen Reiki-Meister (und das ist wohl der Normalfall) vermittelten Wissen werden sich wohl kaum vermeiden lassen, zumal sich bei Warnecke zum Beispiel auch Variationen der Symbolanwendung beziehungsweise der Symbole selbst finden. Was macht der Schüler? Wie geht er mit dieser Unsicherheit um? Hat "sein" Meister ihm Wissen vorenthalten? Hat dieser ihm gar ein "falsches" Reiki-II vermittelt?

Diese aufgeworfenen Fragen führen direkt zum kritischen Kern dieses Buches. Reiki ist ein Geschenk und ein Wissen, das nicht theoretisch aus Büchern gelernt, sondern traditionell vom Meister zum Schüler weitergegeben wird. Dabei geschieht das Wesentliche während der Seminare in der direkten, authentischen Begegnung zwischen Lehrer und Schüler, bei den Einweihungen, im "Gemeinsam Raum-Teilen". Dies trifft sowohl auf den ersten, den zweiten als auch auf den Meistergrad zu.

Zur Reiki-Tradition gehört weiter die Geheimhaltung und damit die Ehrung und Wertschätzung des über und durch Reiki Erfahrenen. Was nach innen wirkt, soll nicht nach außen getragen werden. Und genau an diesem Punkt setzt das Ärgernis ein. Denn Eckart Warnecke plaudert ungeniert über die Symbole und die Namen der Mantras. Dies steht im Widerspruch zum II. Reiki-Grad, der auch "Oku den" – übersetzt "tiefes Wissen" oder "geheimes Wissen" – bedeutet. Reiki II appelliert an die Integrität des Schülers, an seine Ernsthaftigkeit, an seinen Wunsch, in die Tiefe zu gehen und sich ganz auf Reiki einzulassen. Eckart Warneckes Buch frönt mit dieser Schwatzhaftigkeit in puncto Symbole der Oberflächlichkeit.

Positiv wirken dagegen die Warnungen vor Erwartungshaltungen bei der Arbeit mit Reiki ("Niemand von uns weiß letztlich, was am besten ist") und vor zuviel Ego ("Vertrauen in die Stärke von Reiki ist allemal wichtiger als die Befriedigung egoistischer Wünsche").

Negativ fällt das Experimentieren und Vermischen von Reiki mit Techniken und Aspekten aus der Psychotherapie, dem Mentaltraining, Kristallarbeit, Schamanismus und anderem auf, die den "nur" an Reiki Interessierten enttäuschen und den nicht therapeutisch ausgebildeten durchschnittlichen Reiki-Praktizierenden vielleicht auch überfordern können. Der Leser des Buches "Reiki – der zweite Grad" sollte sich also bewußt sein, daß er hier ein Buch aus der Reihe "Reiki plus …" und nicht "Reiki pur" in den Händen hält.

Vorschlag: Wie wäre es mit der Rückkehr zu Einfachheit und Schlichtheit. Zum Vertrauen auf Reiki pur. Auf die nackten Reiki-Symbole und die ganz einfache Überlieferung ihrer Anwendung. Und auf das Vertrauen, daß die darin enthaltene tiefe Weisheit und Wahrheit wirkt und Verbesserungen, Varianten und Steigerungen überflüssig sind. Wie heißt die Weisheit: Alles Wahre ist einfach und groß. Sonst ist es nicht wahr … 

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