Thema der 11. KW: Gute Tochter, guter Sohn.... will ich das?
Verfasst: 15.03.2007, 15:55
Dieses Thema betrifft auch wieder Eltern und Kinder, ist aber irgendwie anders und steht schon lange auf meiner Themenliste.
An Muttis Beerdigung vor 6 Jahren kamen mir laut die Worte aus dem Mund: „Jetzt hast du es endlich geschafft. Du bist da, wo du schon lange hin wolltest.“
Mutti ist von heute auf morgen einfach gegangen, im Bad umgekippt. Sie ist 75 Jahre alt geworden.
1 ½ Jahre vorher hatte sie sich auf die Couch gelegt und gesagt: „Ich bin eine leere Schachtel, meine Seele fliegt da draußen schon herum. Ich mag nicht mehr!“ Eine Woche hat sie sich nicht angezogen, kaum gegessen, kein TV geguckt, nicht gelesen und vor allen Dingen nicht geraucht und sie war Kettenraucher.
Und ich als brave Tochter, mit Familie im selben Haus lebend, sah das vollkommen anders. Ihr ging es gut, sie hatte keine finanziellen Sorgen, hatte einen Partner und uns, die wir uns um sie kümmerten. Also schleppte ich sie zum Neurologen und der verschrieb Mutti Antidepressiva.
Mutti tat mir den Gefallen und schluckte das Zeug ab und an. Sie sagte zu meiner Schwiegermutter und meinem Mann, daß sie die Pillen auch ins Klo schütte, aber nur, wenn ich es nicht sehe.
Mutti schleppte sich irgendwie durch, so kann ich das sagen. Irgendwie riß sie sich zusammen. Es war jetzt viel wichtiger, bei ihr zu sitzen und ihr zu zuhören, als ihre Blumen zu versorgen oder etwas für sie zu erledigen.
Eines Tages fragte sie mich: „Meinst du, ich muß die „Dinger“ –sie meinte die Tabletten- noch lange schlucken?“.
Da fiel bei mir der Groschen: Warum maße ich mir an, meiner Mutter irgendwelche Tabletten aufzuzwingen? Ich befreite sie von ihrer Qual und sagte ihr, sie wisse schon, was richtig für sie sei.
Sechs Wochen später war Mutti tot. Und sie wäre schon eher gegangen, hätte ich sie losgelassen.
Aber im Grunde war ich mir klar, daß ich ansonsten eine gute Tochter war, die alles für ihre Mutter getan hat. Die immer für sie da war.
Und mir war dies sehr wichtig.
Weil, hätte ich das nicht getan, hätte ich dann nach ihrem Tod noch gut schlafen können? Das, was noch so zwischen uns steht und stand, konnte auch hinterher geklärt werden.
Noch einmal Friedhof: Eine 45 jährige Frau und ihr 50 jähriger Bruder stehen am Grab der verstorbenen Mutter (80). Als der Pfarrer die Erde auf den Sargdeckel wirft, schreit die Frau ihren Bruder an: „Du hast Mutti auf dem Gewissen, du mit deiner Sucht. Du bist kein guter Sohn!“
Die Mutter ist an Altersschwäche gestorben, das Herz wollte nicht mehr. Sie hat bis zum Schluß zu Hause gewohnt und wurde von ihrer Tochter umsorgt.
Der Sohn kam mal vorbei, wenn er Geld für seine Sucht brauchte. Ihm wurde gerne das Geld gegeben, das war das einzige, was diese Frau für ihren Sohn noch machen konnte. Ihr war es egal, was er damit machte.
Kein Zweifel, nach dem Tod der Mutter sind Bruder und Schwester erst recht entzweit. Die Tochter hatte auch alles für die Mutter getan. Und der Sohn? Der kam vorbei, wenn er was brauchte und ihm wurde gegeben.
Es gibt in unserem Umfeld noch so einige Sachen. Da wohnen Tochter (55) und Mutter (82) in ein und derselben Stadt. Die Mutter ist gehbehindert, auf Hilfe angewiesen. Kann nicht alleine einkaufen oder zur Bank oder zum Arzt. Und die Tochter kümmert sich nicht um die Mutter, weil ihr Mann ihr das verbietet.
Ab und an kommen mal die Enkelkinder vorbei, mittlerweile auch erwachsen. Um diese Frau kümmern sich die Nachbarn.
Oder Vater (80) und Sohn (52) wohnen in derselben Straße und haben nichts miteinander zu tun. Der Vater, nach einem Schlaganfall,auch auf fremde Hilfe angewiesen, die ins Haus kommt durch Diakonie usw.
Der Sohn ist bei den Großeltern aufgewachsen, weil die Mutter früh verstarb. Und seine Meinung ist: Vater hat sich nie so richtig um mich gekümmert, warum soll ich das jetzt machen.
Da frage ich mich immer, können diese Kinder ruhig schlafen, wenn eines Tages die Eltern nicht mehr da sind?
Aber ist das denn wirklich wichtig für unser Seelenheil?
Muß nicht jeder an sich selbst denken?
Es gibt genug Familien, wo Eltern und die erwachsenen Kinder zerstritten sind. Vielleicht gibt es keinen Weg mehr für eine vernünftige Zusammenführung der Familien.
Aber muß man deshalb vielleicht ein schlechtes Gewissen haben?
Können wir das nicht ignorieren? Und unser Leben leben?
Und wie seht ihr das?
Liebe Grüße
eure Kathi
An Muttis Beerdigung vor 6 Jahren kamen mir laut die Worte aus dem Mund: „Jetzt hast du es endlich geschafft. Du bist da, wo du schon lange hin wolltest.“
Mutti ist von heute auf morgen einfach gegangen, im Bad umgekippt. Sie ist 75 Jahre alt geworden.
1 ½ Jahre vorher hatte sie sich auf die Couch gelegt und gesagt: „Ich bin eine leere Schachtel, meine Seele fliegt da draußen schon herum. Ich mag nicht mehr!“ Eine Woche hat sie sich nicht angezogen, kaum gegessen, kein TV geguckt, nicht gelesen und vor allen Dingen nicht geraucht und sie war Kettenraucher.
Und ich als brave Tochter, mit Familie im selben Haus lebend, sah das vollkommen anders. Ihr ging es gut, sie hatte keine finanziellen Sorgen, hatte einen Partner und uns, die wir uns um sie kümmerten. Also schleppte ich sie zum Neurologen und der verschrieb Mutti Antidepressiva.
Mutti tat mir den Gefallen und schluckte das Zeug ab und an. Sie sagte zu meiner Schwiegermutter und meinem Mann, daß sie die Pillen auch ins Klo schütte, aber nur, wenn ich es nicht sehe.
Mutti schleppte sich irgendwie durch, so kann ich das sagen. Irgendwie riß sie sich zusammen. Es war jetzt viel wichtiger, bei ihr zu sitzen und ihr zu zuhören, als ihre Blumen zu versorgen oder etwas für sie zu erledigen.
Eines Tages fragte sie mich: „Meinst du, ich muß die „Dinger“ –sie meinte die Tabletten- noch lange schlucken?“.
Da fiel bei mir der Groschen: Warum maße ich mir an, meiner Mutter irgendwelche Tabletten aufzuzwingen? Ich befreite sie von ihrer Qual und sagte ihr, sie wisse schon, was richtig für sie sei.
Sechs Wochen später war Mutti tot. Und sie wäre schon eher gegangen, hätte ich sie losgelassen.
Aber im Grunde war ich mir klar, daß ich ansonsten eine gute Tochter war, die alles für ihre Mutter getan hat. Die immer für sie da war.
Und mir war dies sehr wichtig.
Weil, hätte ich das nicht getan, hätte ich dann nach ihrem Tod noch gut schlafen können? Das, was noch so zwischen uns steht und stand, konnte auch hinterher geklärt werden.
Noch einmal Friedhof: Eine 45 jährige Frau und ihr 50 jähriger Bruder stehen am Grab der verstorbenen Mutter (80). Als der Pfarrer die Erde auf den Sargdeckel wirft, schreit die Frau ihren Bruder an: „Du hast Mutti auf dem Gewissen, du mit deiner Sucht. Du bist kein guter Sohn!“
Die Mutter ist an Altersschwäche gestorben, das Herz wollte nicht mehr. Sie hat bis zum Schluß zu Hause gewohnt und wurde von ihrer Tochter umsorgt.
Der Sohn kam mal vorbei, wenn er Geld für seine Sucht brauchte. Ihm wurde gerne das Geld gegeben, das war das einzige, was diese Frau für ihren Sohn noch machen konnte. Ihr war es egal, was er damit machte.
Kein Zweifel, nach dem Tod der Mutter sind Bruder und Schwester erst recht entzweit. Die Tochter hatte auch alles für die Mutter getan. Und der Sohn? Der kam vorbei, wenn er was brauchte und ihm wurde gegeben.
Es gibt in unserem Umfeld noch so einige Sachen. Da wohnen Tochter (55) und Mutter (82) in ein und derselben Stadt. Die Mutter ist gehbehindert, auf Hilfe angewiesen. Kann nicht alleine einkaufen oder zur Bank oder zum Arzt. Und die Tochter kümmert sich nicht um die Mutter, weil ihr Mann ihr das verbietet.
Ab und an kommen mal die Enkelkinder vorbei, mittlerweile auch erwachsen. Um diese Frau kümmern sich die Nachbarn.
Oder Vater (80) und Sohn (52) wohnen in derselben Straße und haben nichts miteinander zu tun. Der Vater, nach einem Schlaganfall,auch auf fremde Hilfe angewiesen, die ins Haus kommt durch Diakonie usw.
Der Sohn ist bei den Großeltern aufgewachsen, weil die Mutter früh verstarb. Und seine Meinung ist: Vater hat sich nie so richtig um mich gekümmert, warum soll ich das jetzt machen.
Da frage ich mich immer, können diese Kinder ruhig schlafen, wenn eines Tages die Eltern nicht mehr da sind?
Aber ist das denn wirklich wichtig für unser Seelenheil?
Muß nicht jeder an sich selbst denken?
Es gibt genug Familien, wo Eltern und die erwachsenen Kinder zerstritten sind. Vielleicht gibt es keinen Weg mehr für eine vernünftige Zusammenführung der Familien.
Aber muß man deshalb vielleicht ein schlechtes Gewissen haben?
Können wir das nicht ignorieren? Und unser Leben leben?
Und wie seht ihr das?
Liebe Grüße
eure Kathi